... und immer wieder Schneewittchen Tanztheater zu einer Mutter-Tochter-Beziehung

Hintergrund:

Schneewittchen und der Spessart

Es ist kein Zufall, dass es im Spessart einen Schneewittchen-Wanderweg gibt, der vom Schloss Lohr bis nach Biebergemünd führt. Grund: Hier soll sich die von den Gebrüdern Grimm aufgeschriebene Geschichte ereignet haben, behaupten viele Märchenforscher.

Laut historischer Quellen wurde am 19. Juni 1729 im Lohrer Schloss Maria Sophia Margaretha Christina von Erthal geboren. Ihre Mutter starb bald nach der Geburt, woraufhin Claudia Elisabeth von Erthal ihre Stiefmutter wurde.

Als Maria ihrer Stiefmutter zu schön wurde, beauftragte diese den Förster, das Mädchen in den Wald zu bringen und zu töten. Doch der Mann brachte es nicht übers Herz und ließ das Mädchen im Forst zurück. Es lief vorbei an den Glashütten im Reichsgrund, vorbei an Partenstein und Frammersbach. Nachdem es sieben Berge hinter sich gelassen hatte, kam es bei den Zwergen im Biebergrund an. Das waren von schwerer Arbeit gebeugte Bergleute (Kinder?), die nach Kupfer und Silber schürften.

Nachdem die Stiefmutter erfahren hatte, dass Maria noch am Leben war, sorgte sie dafür, dass sie in einen mit Tollkirschsaft präparierten Apfel biss, woraufhin das Mädchen in einen todesähnlichen Schlaf fiel. Als die Bergleute den Glassarg mit dem vermeintlich toten Mädchen durch den Wald trugen, kam es zu Erschüt-terungen, die bewirkten, dass das Mädchen das halb verschluckte Apfelstück ausspuckte und zum Leben erwachte. Der im Tanztheaterstück der Ballettschule Heeg gezeigte versöhnliche Schluss kommt weder in dieser Geschichte, noch im daraus entstandenen Märchen vor. (Quelle: Programmheft/nab)

Pressestimme (Main-Echo, 30.05.2011)

Tanztheater: Ballettschule Heeg bringt mit 180 Kindern Schneewittchen entstaubt und unterhaltsam in die Maintalhalle

»Weiß wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie Ebenholz...« - fast jedes Kind kennt den Märchenklassiker Schneewittchen in und auswendig. Um so heikler ist es, diesen Stoff auf die Bühne zu bringen. Langeweile und enttäuschte Erwartungshaltungen auf Seiten der Zuschauer lauern unweigerlich im Hintergrund.

Dass es auch anders geht, bewies die Aschaffenburger Ballettschule Heeg am Wochenende mit ihrem Tanztheaterstück »...und immer wieder Schneewittchen«. Mit 180 Kindern brachte Sonja Chiara Heeg eine entstaubte, mitunter sehr komische Version des Märchens auf die Bühne der zweimal ausverkauften Maintalhalle in Mainaschaff.

Unterschiedliche Stile

Basierend auf der ersten Druckfassung der »Grimmschen Hausmärchen« von 1812, in der die Königin Schneewittchens leibliche Mutter ist, die ihrer heranwachsenden Tochter die Schönheit und Jugend neidet, beschäftigt sich das Tanztheaterstück vor allem mit der psychologischen Ebene und der dem Märchen inne wohnenden Symbolkraft.

Dass dies nicht langatmig, sondern abwechslungsreich geriet, war vor allem den unterschiedlichen Tanzstilen, Musikrichtungen und nicht zuletzt der Schauspielszenen zu verdanken. Heeg schreckt bei ihrer Bearbeitung weder vor ironischen Brechungen zurück, noch davor, Klassisches mit Zeitgenössischem und Modernem zu kombinieren.

Über allem der rote Apfel

Bedienen sich die Schneeflöckchen und Blutströpfchen, allerliebst getanzt von den jüngsten Schülerinnen, ebenso wie die mit Tutu und Spitzenschuhen durch den düsteren Wald tanzenden Waldgeister der klassischen Ballettsprache, setzen die vor dem Spiegel mit ihrem Abbild im zornigen Pas de Deux vereinte Königin und die tanzenden Flammen einen Kontrast mit modernem Tanztheater.

Keineswegs an den Haaren herbei gezogene Musicalanleihen nimmt Heeg bei dem umjubelten Tanz der Haare, die Schneewittchen mit einem überdimensional großen Kamm zur Strecke bringen. Die Zwerge, dargestellt von den beiden Jungengruppen der Schule, tanzen zackig zu Michael-Jackson-Musik. Das klassische Menuett bei Hofe wird durch köstliches Schauspiel aufgelockert. Und über allem schwebt grell angestrahlt der leuchtend rote Apfel als vielfaches Symbol. Beachtlich ist, mit welchem Ausdruck und Anspruch bereits die Jüngsten agieren, was daran liegen mag, dass Heeg die Choreografien ihren Schülern nicht einfach vorgibt, sondern mit ihnen erarbeitet.

Auch die immer wieder eingeschobenen Schauspielszenen (Einstudierung: Diana Reinhardt, Markus Demel), die das Getanzte mitunter äußerst amüsant und mit einem Augenzwinkern ins Heute transferieren, ihm einen allgemeingültigen Bezug geben, werden professionell dargeboten.

So sahen die Zuschauer ein ambitioniert dargebotenes Tanztheater, das trotz aller ernsten Tiefenpsychologie Spaß machte. Um mit den Worten des Finalsongs zu sprechen, bei dem Mutter und Tochter sich versöhnen: »Hey, das geht ab!« (Nina-Anna Beckmann in Main-Echo v. 30.5.2011)

 

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