Prokofjew + litauisches Nationalballett
Erstaufführung am 19.11.2017 im Stadttheater Aschaffenburg (Veranstaltung des Philharmonischen Vereins Aschaffenburg):
Sergei Prokofjew: Lebensstationen beidseits von Kultur- und Systemgrenzen
Litauisches Nationalballett:
Romas Ceizaris als Prokofjew
Igoris Zaripovas als Diaghilew und KGB-Agent
Olga Konosenko als 1. Ehefrau Lina
Ruta Lataité als 2. Ehefrau Mira
Choreographie Solotänzer: Edita Stundyté
TanzTheater HEEG Aschaffenburg:
34 Jugendliche im Alter von 11-16 Jahren
Choreographie Jugendliche: Sonja Heeg
Pianist: Vytis Sakuras
Dramaturgie: Chihiro Ishii
Moderatorin/Erzählerin: Christiane Franke
Die Zuschauer am 19.11.2017 konnten das Leben und Schaffen von Prokofjew bereits den fundierten "Anmerkungen zu Sergej Sergejewitsch Prokofjew" von Christiane Franke im Programmheft des Philharmonischen Vereins Aschaffenburgs entnehmen. Am Ende dieses Berichts finden Sie den ausführlichen Text nochmals angefügt.
Für "eilige" LeserInnen hier ein schneller Überblick:
- Prokofjew wird am 11.04.1891 geboren
- musikalisches Wunderkind mit Mut zu Experimenten: Während er im zaristischen Russland gerade dafür angegriffen wird, bezeichnet ihn die französische Musikkritik (zunächst) als konservativ und zweitklassig.
- Nach Oktoberrevolution 1918 Emigration zunächst nach USA, dann nach Bayern
- 1923 Hochzeit mit Lina und Umzug nach Paris
- Bei einem Besuch 1927 in Russland wird er als großer Komponist gefeiert, anschließend gelingt mit Sergej Diaghilev und seinen "Ballets Russes" der Durchbruch auch im Westen.
- 1936 Rückkehr nach Russland in eine gesicherte Existenz im gesellschaftlichen Gefüge der noch jungen "Sowjetunion". Vollendung von "Romeo und Julia".
- 1941 Trennung von Ehefrau Lina und Kindern zugunsten Mira, einer linientreuen Sowjetpatriotin
- 1948 Heirat mit Mira. Lina kommt in Lagerhaft.
- 5. März 1953: Prokofjew stirbt just am selben Tag wie Stalin....
Pressestimme(n):
"Im Rahmen dieses Tanz-Projektes des Philharmonischen Vereins Aschaffenburg e.V. erhalten rund 30 Schülerinnen und Schüler aus der Stadt und dem Landkreis Aschaffenburg im Alter von 14 bis 18 Jahren die Möglichkeit, mit einer Tanzpädagogin Klassisches Ballett zu erlernen und im Rahmen einer Aufführung am 19.11.2017 im Stadttheater Aschaffenburg das Einstudierte gemeinsam mit einer Tanz-Compagnie des Litauischen National Balletts darzustellen. (...) Durch das Projekt sollen die Teilnehmer klassische Musik kennenlernen, welche für sie durch den Ausdruckstanz erlebbar wird." („Schulverwaltung Bayern" 9/2017)
"(...) Die Solotänzer des Litauischen Nationalballetts (...) überzeugten mit Vitalität und Ausdruckskraft zur Choreografie von Edita Stundyté. Auch die Jugendlichen des Aschaffenburger Tanztheaters Heeg, dessen Leiterin Sonja Heeg eine ansprechend lebendige Gruppenchoreografie erarbeitet hatte, waren eine optische Bereicherung, etwa als verfeindete Rot- und Nationalgardisten zum Klavierstück »Montagues & Capulets«.
Die Litauer Solisten und die Aschaffenburger Tanzschüler setzten im Wechsel Prokofjews »Lebensstationen beidseits von Kultur- und Systemgrenzen« in Szene. Christiane Franke, die Moderatorin des vom Philharmonischen Verein Aschaffenburg veranstalteten Abends, beleuchtete in ihrem Textbeitrag schlaglichtartig, aber informativ die Vita des umstrittenen Komponisten, dem die einen Opportunismus vorwarfen und die anderen exzessive Modernität.
Romas Ceizaris tanzte die Figur des Prokofjew hinreißend dynamisch, mit langen, hohen Sprüngen und einer brillanten Bühnenpräsenz auch in den Paarauftritten. Primaballerina Olga Konosenko verkörperte an Ceizaris‘ Seite Prokowjews erste Frau Lina. Das Publikum war fasziniert vom Pas de deux zum Klavierstück »Das Mädchen Julia«.
Herzzerreißend dramatisch waren Konosenkos Solo- und Duoauftritte als verstoßene Ehefrau und Gefangene. Ruta Lataité faszinierte das Publikum als mädchenhafte Mira Mendelson. Als vielseitig und originell erwies sich Igoris Zaripovas, der Prokofjews Freund Sergej Diagilew ebenso überzeugend verkörperte wie einen grausamen Milizionär und verschlagenen KGB-Agenten. (...) "
Hier unterbrechen wir die Ausführungen der Rezensentin, bei der die (zehn !) von Vytis Sakuras gespielten Klavierstücke aus "Romeo und Julia" für "Spannung und Kontrast" sorgten. Die weiteren 15 (!) Stücke aus Cinderella verlegte sie hinter eine "Pause" - die es am 19.11.2017 definitiv nicht gab. Die Rezensentin spricht dabei auch von einem "opus 75" - das es bei Cinderella wiederum überhaupt nicht gibt. Beide Punkte regen zum Nachdenken an, ob vielleicht tatsächlich eine Pause notwendig gewesen wäre....In jedem Fall zeigte Vytis Sakuras am Piano eine umfassende Leistung, indem er förmlich in die verschiedenen Schaffensphasen Prokofjews hineintauchte und mit vollem Engagement jeweils die gegensätzlichen und wechselnden Stile in seiner Interpretation verdeutlichte.
Das Konzept und die künstlerische Leistung aller Beteiligten hinterließ sowohl bei den Jugendlichen als auch beim erfahrenen Klassikliebhaber einen nachhaltigen Einblick in Leben und Schaffen des Komponisten: Das war das Ziel von "Prokofjew kennenlernen" und ist das Ziel der Veranstaltungsreihe "Komponisten kennenlernen" des Philharmonischen Vereins....Versöhnlich dann die Erkenntnis der Rezensentin zur engagierten Interpretation von Vytis Sakuras:
"Vielleicht wollte Pianist Sakuras, der bei »Rhythm in Concert« des Philharmonischen Vereins im Oktober 2016 mit einer atemberaubenden Klavierfassung des »Totentanz« von Franz Liszt begeistert hatte, bei »Prokofjew kennenlernen« zeigen, was er vom »einfachen, verständlichen und volkstümlichen« Stildiktat hielt, dem sich der Komponist gebeugt hatte." ("Main-Echo" v. 22.11.2017, M. Pollinger)
Christiane Franke / Zitat aus dem Programmheft:
Neoklassizist? Neoromantiker? Neuerer? Überwinder?
Anmerkungen zu Sergej Sergejewitsch Prokofjew
(11. April 1891 – 05. März 1953)
Beschäftigt man sich mit Sergej Sergejewitsch Prokofjew, so sieht man sich unweigerlich mit zwei Positionen konfrontiert: der Bewertung seines Schaffens in der Sowjetunion und im westlichen Ausland. Die einen sehen ihn als angepassten Traditionalisten, der demütig die Forderungen des sozialistischen Realismus erfüllt. Andere erkennen in ihm den mutigen Neuerer, der alle bis dahin verbindlichen Normen über Bord wirft. Nur die eingehende Beschäftigung mit seinen Werken – über 250 Kompositionen, darunter 7 Sinfonien, 14 Opern, 9 Ballettmusiken, 7 Filmmusiken, zahlreiche Sinfonische Märchen, Solokonzerte für Klavier, Violine und Violoncello sowie Kammermusik für unterschiedlichste Besetzungen – ermöglicht die Einschätzung seines Personalstils.
Musikalisches Wunderkind
Prokofjew gilt als lebensfrohe Natur. In einem behüteten Umfeld auf einem Landgut in der heutigen Ukraine wächst er als Einzelkind auf. Mit vier Jahren lehrt die Mutter ihn das Klavierspiel. Mit 13 wird er auf Empfehlung des Komponisten Alexander Glasunow Schüler am Konservatorium in St. Petersburg. Unbekümmert stürzt er sich in das Abenteuer Komposition, schockiert und begeisterte mit einer Exzentrik, die ihm frühen und schnellen Ruhm einbringt.
Experiment mit der Tonalität
In Opern, Klavierkonzerten, Sinfonien und Kammermusiken experimentiert er mit scharfen, teilweise sogar schreienden Verbindungen aus traditionell klassischen Stilmitteln und modernen Formen. Seine Vorlieben für ausdrucksstarke Melodien, exzessive Motorik, eigenwillige Rhythmen, scharfe Dissonanzen und irrwitzig groteske Zwischentöne kennzeichnen seinen individuellen Kompositionsstil.
Ein Avantgardist wird er dennoch nie. Zu deutlich sind die Spuren in seinen Werken, die auf Bach, Scarlatti, Haydn, Beethoven, Mozart, Brahms, Grieg, Reger, sogar Mendelssohn hinweisen. Immer wieder bedient sich Prokofjew solcher Anklänge, die er mit antiromantischen Stilmitteln zu einem unentwirrbaren Geflecht zusammenführt oder scharf kontrastiert gegenüberstellt. Auf diesem Grad der Gegensätzlichkeit vollführt er einen Drahtseilakt zwischen einer Tradition, aus welcher er hervorging, und der Neigung zur Überwindung und Negierung dessen.
Zukunft in der Emigration?
Nach der Oktoberrevolution 1918 beschließt Prokofjew zu emigrieren. Zunächst zieht es ihn in die USA. Ohne Aussicht auf Erfolg kehrt er nach Europa zurück. Zwei Jahre lebt er im bayerischen Ettal. 1923 heiratet er hier Lina Iwanowna Llubera. Noch im gleichen Jahr zieht er mit ihr nach Paris. Seine Erwartungen im Umfeld von Igor Strawinsky werden zunächst herb enttäuscht. Im zaristischen Russland wegen seiner Exzentrik angegriffen, bezeichnet ihn die französische Musikkritik als zu konservativ. 1925 notiert Prokofjew voller Sarkasmus: “Frankreich ist nicht nur in der Mode unbestreitbar tonanagebend.” Anlass sind Reaktionen aus Künstler- wie Kritikerkreisen auf seine zweite Sinfonie, die ihm zweitklassiges Niveau bescheinigen. Dieses vernichtende Urteil, aber auch sein grundsätzliches Streben nach Publikumswirksamkeit und erfolgreicher Vermarktung spornt ihn zu einer bislang nicht erreichten Modernität und aufwühlender Expressivität an.
1927 kehrt Prokofjew erstmals wieder nach Russland zurück. Er begegnet “alten Freunden wie es neue nie werden können”, trifft die junge Leningrader Komponistengeneration und wird in den Konzerten als großer Komponist gefeiert. Gleiches gelingt unmittelbar danach in Paris, London und Berlin u.a. mit der Skythischen Suite und der Oper “Die Liebe zu den drei Orangen”.
1924 und 1928 werden seine Söhne Swjatoslaw und Oleg geboren. Zwischen 1929 und 1935 lebt Prokofjew dauerhaft in Paris und unternimmt mit seiner Frau Lina zahlreiche Gastspielreisen nach Amerika, in europäische Städte und immer wieder nach Russland. Die große Wende in seinem Heimatland entgeht ihm nicht. Nach Inkrafttreten des 1. Fünfjahresplans im April 1929 verfolgt Stalin eine Politik der Generalsäuberung und Isolation. Im Kulturbereich wird der Ruf nach dem proletarischen Klassenstandpunkt unüberhörbar. Bei Verhandlungen in Moskau mit dem Bolschoi-Theater sieht sich Prokofjew mit Blockaden und ängstlicher Zurückhaltung konfrontiert. Dennoch übernimmt er eine erste offizielle Funktion für die Sowjetunion als ständiger Berater für ausländisches Repertoire am sowjetischen Staatsrundfunk. In einem Interview 1930 in “The Cleveland News” äußert sich Prokofjew: “Mein Interesse gilt der Kunst und nicht der Politik.” Politische Kurswechsel und kulturpolitische Entscheidungen wird er zukünftig immer kommentarlos zur Kenntnis nehmen.
West oder Ost?
Seine größten Erfolge im Westen feiert Prokofjew mit Sergej Diagilew und seinem “Balett Russes”. Außerdem führt Diagilew ihn in die westeuropäische Kulturlandschaft ein, macht ihn mit einflussreichen Kunstmäzenen bekannt und lenkt sein Talent mit einem ungeheuren Gespür für den Publikumsgeschmack in schöpferische Arbeit. Als Diagilew 1929 stirbt und sich darauf das “Balett Russes” auflöst, zieht Prokofjew Bilanz. Die wirtschaftliche Rezession in Westeuropa trifft vor allem die freie Künstlerszene. Konzertanfragen werden weniger, Prokofjew kann den aufwendigen Pariser Lebensstil nicht mehr finanzieren. In Amerika, dem “Jahrmarkt künstlerischer Eitelkeiten”, kann er langfristig nur als Interpret überleben. Der Konkurrenzdruck in Paris, als zeitgenössischer Komponist sich zu behaupten, wirkt auf ihn erdrückend. Sein Heimatland lockt mit der Aussicht darauf, dass “der Komponist einen festen Stellenwert im gesellschaftlichen Gefüge der Sowjetunion erhalten soll”, was einer gesicherten wirtschaftlichen Position gleichkommt. So plant Prokofjew zielstrebig seine endgültige Rückkehr 1936 in die noch junge Sowjetunion.
Vorerst scheint Prokofjew tatsächlich vor dem harten Zugriff der Partei verschont. Er wird zu Empfängen mit hochgestellten Persönlichkeiten eingeladen, man erlaubt ihm Konzertreisen ins Ausland, wovon andere Künstlerpersönlichkeiten träumen und dekoriert ihn mehrfach mit Stalin-Preisen. Zeitzeugen bestätigen, dass Prokofjew keineswegs taub und blind gegenüber den wahren Geschehnissen seines Landes ist, es aber sorgfältig vermeidet, politisch Position zu beziehen oder sich zu Themen zu äußern, die nicht seine Musik betreffen.
Mit “neuer Einfachheit” zum Erfolg
Scheinbar widerstandslos beugt sich Prokofjew dem Diktat des “russischen Realismus” und konstruiert mit organisierter Willenskraft, was gehört werden soll. Dabei offenbart er seine lange vor der Rückkehr entwickelte innere Verwandtschaft zu “neuer Einfachheit” im klassischen Stil. Diese und weitere Widersprüchlichkeiten, resultierend aus seiner scheinbar freiwilligen Rückkehr in ein unfreies Land irritieren die westliche Welt und drücken dem bekennenden “neoklassizistischen Neuerer” die Marke der “Vereinigung des Unvereinbaren” auf.
Prokofjew sieht darin keinen Widerspruch. Er bedient sich aller Errungenschaften vorangegangener musikstilistischer Experimente und schafft eine junge Klassizität, die alt und neu zugleich ist. Zu Wesensmerkmalen werden die höchste Einfachheit der Melodik, die Einfachheit der Form und ein größerer Wohlklang”.
Melodienreiche Lyrik
Dafür steht die Ballettmusik “Romeo und Julia”, die er noch 1936 vollendet. Sie gilt als typisch für seinen sowjetischen Stil, dem kaum noch groteske Züge anhaften. Erstmals lebt Prokofjew seine melodische Gabe aus und schafft große Musik. Nuancenreich porträtiert er mit thematisch vielseitigem Material die emotionalen Erlebnisse der Helden und bindet sie in eine vorherrschend lyrische Thematik als vollgültiger Ausdruck des romantischen Ideals ein. In gleicher Weise vertont Prokofjew “Cinderella”, ein Märchen- und Zauberstück. Er beginnt im Winter 1940, vollendet es mit längeren Unterbrechungen während des Krieges, die Uraufführung findet im November 1945 in Moskau statt. In wesentlichen Grundzügen folgt es dem Grimm’schen Märchen Aschenputtel, die Titelfigur jedoch ist zur Lichtgestalt überhöht, um im Sinne der sozialistischen Kunstdoktrin die Einfachheit im guten Menschen über Habgier, Neid und Arroganz herauszustellen.
Egoist bis zum Äußersten
1941 trennt sich Prokofjew von seiner Familie und zieht zu Mira Mendelson, Tochter eines jüdischen Professors. Sie ist eine linientreue Sowjetpatriotin und wird ihm zur Muse, Sekretärin, Librettistin und literarischen Beraterin. 1948 heiratet er sie überstürzt, nachdem die Machthaber Anfang Februar eine kulturelle Säuberungswelle in Gang setzen. Aufführungsverbote werden verhängt, Prokofjew und weitere namhafte Komponisten werden gezwungen, einen Brief der Selbstkritik an das Künstlerkomitee und den Staat zu verfassen. Klar werden die Prämissen definiert, wie die Musik nach Maßgabe des sozialistischen Realismus komponiert werden soll: “Wohlklang, Verständlichkeit, Melodik, Volksnähe und ein programmatischer Bezug zur sowjetischen Wirklichkeit in ihrer idealtypischen Ausprägung”. Mit der Heirat versucht der gesundheitlich angeschlagene Prokofjew letzte Zweifel an einer prowestlichen Gesinnung auszulöschen. Die Heirat gelingt, weil er es versäumt hatte, seine Ehe mit Lina in der Sowjetunion registrieren zu lassen. Kaum vier Wochen später wird Lina unter dem Vorwurf der Spionage verhaftet und zu 20 Jahren Lagerhaft verurteilt. Prokofjew versteht dies als deutlich warnender Hinweis, dass es ihm bei geringstem Ungehorsam ebenso ergehen wird und unterlässt jegliche Gegenwehr.
Täter oder Opfer?
Prokofjews Tod am 5. März 1953 wird erst Wochen später bekannt. Grund dafür ist das Ableben von Josef Stalin am selben Tag.
Mira kümmert sich um den Nachlass, verweigert aber der “ausländischen” Familie jeden Anteil. Vergeblich bemüht sie sich um die Anerkennung ihrer Ehe mit Prokofjew. Dennoch wird sie nach ihrem Tod 1968 gegen den Willen der Söhne neben Prokofjew beigesetzt.
Lina wird 1956 aus dem Lager entlassen. Vergeblich kämpft sie fortan um die Rechte als Witwe Prokofjews. 1974 emigriert sie in den Westen und gründet in London ein Prokofjew-Archiv. Als sie 1989 stirbt, erfüllen die Söhne ihren letzten Wunsch und setzen sie in Paris neben dem Grab von Prokofjews Mutter Maria Grigorjewna bei.
Prokofjew hinterlässt ein Werk, das für seinen Charakter kennzeichnend ist. Er war ein Spieler, zu Risiken mit Höchsteinsatz bereit, um Erfolg zu haben – Anerkennung, Akzeptanz und ein gesichertes Leben im Wohlstand. Exzessiv modern, verschwenderisch farbig wie innerlich zerrissen wirken seine frühen und mittleren Werke, die Spätwerke scheinen vom verordneten Frohsinn entstellt. Darauf gründet der Vorwurf an ihn als “großen Egoisten” und “Janusköpfigen”. Der wahre Wert, den Sergej Prokofjew in die Musikwelt einbrachte, zeigt sich jenseits aller Widersprüche.
Christiane Franke