Camille Saint-Saens: Karneval der Tiere

Tanztheater für unsere Mitgeschöpfe

Erstaufführung: 22.06.2013

Als Camille Saint-Saëns sein beliebtes Stück 1886 komponierte, standen Legebatterien, schwimmende Fischfabriken oder die Jagd auf Elefanten und anderes bedrohtes Großwild ("The Big Five") in Afrika noch nicht im Fokus der Kritik.

Pressestimme:

"Ausgelassen tobt der Löwenvater mit seinem Jungen durch die Savanne. Da zerreißt ein Schuss die friedliche Idylle. Tödlich getroffen stürzt das mächtige Tier zu Boden. Erlegt von einem Jagdtouristen, der die Mähne als Trophäe mit nach Hause nehmen will....

Groß ist die Versuchung (...) Saint-Saens berühmtes Werk allerliebst darzubieten. Schließlich schreit die Programmmusik geradezu nach schönen Bildern. Schöne Bilder boten auch die (...) drei Vorstellungen im ausverkauften Stadttheater.... Doch wer Sonja Heegs Aufführungen kennt, der weiß, dass Eindimensionalität nicht ihre Sache ist.

Missstände bei den Tieren

So nimmt sie Saint-Saens Suite, die der Franzose 1886 komponierte, als Projektionsfläche, um auf all die Missstände hinzuweisen, die es im heutigen Zusammenleben zwischen Mensch und Tier gibt. Angefangen mit den Hobby-Großwildjägern, die in Afrika organisierte Jagd auf Löwenmähnen und Elfenbein machen, über die Massentierhaltung bei Hühnern bis hin zu dem zerstörten Lebensraum von Meeres- und Waldtieren.

Heeg nutzt geschickt die unterhaltsame, oft amüsante Musik für wunderbar-eindrucksvolle Bilder, die sie in Kontrast setzt zur realen Lebenswelt der Tiere. Gerade noch wähnt sich der Zuschauer in Afrika, wo sich in der rötlichen Sonne die Löwen im Steppengras aalen und Zebra-Herden am Horizont vorbeigaloppieren oder amüsiert sich über die von den jüngsten Tänzerinnen dargestellten quirlig umherflatternden Hühner samt krähendem Hahn, da wird er unsanft von der Realität eingeholt, indem Tiere oder Menschen auf der Bühne direkt zu ihm sprechen (Schauspiel-Szenen: Diana Junker-Reinhardt).

Mal sind es persönliche Ich-Botschaften, mal ist es die Aufzählung von Fakten. Mal sind es Postulate, mal sind es Fragen. Immer haben sie aufrüttelnde Wirkung. Dass man die Aufführung trotz aller Kritik, die nicht zuletzt »die Persönlichkeit mit langen Ohren« an jeden einzelnen im Publikum richtet, trotzdem genießen konnte, dafür sorgten die wunderbar auf die Musik zugeschnittenen Choreografien, die vielen amüsanten kleinen Einfälle am Rande, wie die mit dem Schwanz wedelnden Elefanten oder die Vögel auf der Stange, und nicht zuletzt die fantasievollen Kostüme (Sigrid Baumann).

(Nina Beckmann-Höhenberger in "MAIN-ECHO" v. 26.06.2013)

 

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